Die Klage ist auf Rückerstattung vereinnahmter Steuerschulden gerichtet. Die Vollziehungsbeamte hatten bei der Schuldnerin 3 Barzahlungen (8 T€, 12 T€, 8 T€) eingetrieben und hierüber jeweils eine Quittung mit dem Vermerk, für den Einzahler, ausgestellt.
Das LG hatte die Anfechtungsklage abgewiesen, das OLG gab ihr statt.
Leitsatz des OLG:
Liegen bei Barzahlungen an Vollziehungsbeamte „Quittungen für den Einzahler“ mit glatten Beträgen vor, spricht dies für willensgeleitete Entscheidungen des späteren Insolvenzschuldners durch die Pfändung.
Begründung:
Das OLG FFM hatte bereits mit dem Urteil 4 U 74/21 eine ähnliche Entscheidung getroffen. Damals befasste sich das Gericht nur kurz mit der „Druckzahlung“ selbst, bejahte diese und prüfte dann ausführlich die Gläubigerbenachteiligungsabsicht.
Wesentlich genauer setzte sich das Thüringer Oberlandesgericht in seiner Entscheidung vom 14.11.2019, 2 U 917/19 mit dem Begriff der Rechtshandlung, die ja für eine Anfechtung vorliegen muss, auseinander.
Orientierungssatz
Genau mit dieser Frage hat sich auch der BGH in seinem Urteil IX ZR 48/15 auseinandergesetzt:
Leitsatz
Die Problematik tritt also immer wieder dann auf, wenn die Bank schnell handelt und zügig die Vollstreckung einleitet.
Nach Auffassung des OLG FFM nun stellte die Vollstreckungshandlung der Vollziehungsbeamten zwar keine Rechtshandlung dar, jedoch würde es der Annahme einer Rechtshandlung auch nicht entgegenstehen, wenn der Schuldner unter „Vollstreckungsdruck“ zahlen würde.
Das OLG prüft aber danach eine „Rückausnahme“? Das bedeutet dann, dass eine solche Handlung gerade nicht als Rechtshandlung anzusehen ist, wenn der Schuldner keine andere Möglichkeit gehabt habe. Hier war es so, dass die Vollziehungsbeamten das Bargeld gepfändet hatten und der Schuldner diese Pfändung auch hätte hinnehmen müssen. Zahlt er dann den Betrag in bar aus, bleibt ihm keine andere Alternative. Dieses Verhalten sei dann gem. § 133 Abs. 1 InsO nicht anfechtbar.
Nach diesen rechtlichen Erwägungen prüfte das OLG nun den vorliegenden Lebenssachverhalt. Die Beweislast liege auf Seiten des Klägers.
Wesentlich sei die „Quittung für den Einzahler“, die der Schuldner erhalten habe. Eine Quittung erhalte nach allgemeinem Verständnis jemand der etwas geleistet hat.
Darüber hinaus handelte es sich hier um glatte Beträge. Hätten die Vollziehungsbeamten gepfändet, wäre dies wohl der Gesamtbestand gewesen und
keine glatten Beträge. Deshalb spräche auch hier der Anschein für ein gewillkürtes Handeln, welches damit auch anfechtbar sei.
Der BGH hat mit seiner o.a. Entscheidung die Kriterien vorgegeben, nach denen eine Rechtshandlung geprüft werden soll. Im Grundsatz ist das OLG FFM dem auch gefolgt.
Für die Praxis bedeutet dies also in der Tat, dass immer dann, wenn der Schuldner gewissermaßen auch noch andere Alternativen hat, außer auf die Pfändung sofort genau den vollstreckten Betrag zu zahlen (also insbesondere bei Ratenzahlungsvereinbarungen, BAG, 6 AZR 58/16 nach dem Teilzahlungen sogar isoliert anfechtbar sind) ein Anfechtungsrisiko besteht.
OLG FFM v. 26.07.2023, Az. 4 U 266/22
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